Goldwaschen im Krümpelgraben: Ein Rausch gegen die Zeit

Goldwaschen im Krümpelgraben:  Ein Rausch gegen die Zeit
Trubschachen: Im Krümpelgraben trafen sich Goldwäscher aus der ganzen Schweiz. Bei einem Training bereiteten sie sich auf die Europameisterschaft im Juli vor. Diese findet in Burgdorf statt.

Bewaffnet mit Fischerstiefeln stehen fünf Goldwäscher knietief in gros­sen Wasserbecken. Sie warten auf das akustische Signal — «Achtung, fertig, waschen!» — den Start zum Goldwaschen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer trainieren für die kommende Europameisterschaft im Goldwaschen, die vom 13. bis 17. Juli in Burgdorf stattfindet. «Anders als beim Goldwaschen in einem Bach spielt sich das Wettkampfgoldwaschen in einer Arena mit Zuschauern ab. Die Teilnehmer müssen innert kurzer Zeit die im Kies versteckten Goldflitter finden», sagt Christoph Kipfer. Er ist Präsident der Schweizer Goldwäschervereinigung (SGV), die die Europameisterschaft 2016 organsiert. Auch wenn es beim Training nichts zu gewinnen gibt, steht die Anspannung doch einigen Goldwäschern im Gesicht. «Heute sind ein paar der schweizweit besten Goldwäscherinnen und Goldwäschern dabei und ihr Ziel ist es, in Burgdorf eine Medaille zu gewinnen. Da gehört schon eine grosse Portion Ehrgeiz dazu», weiss Christoph Kipfer.

Unbekannte Zahl Goldflitter

Die Goldwäscher kippen Kies auf ihre scheibenförmigen Waschpfannen und tauchen diese ins Wasser. Mit kreisenden, rhythmischen Bewegungen werden Steine und Sand weggespült. Da Gold 19 Mal schwerer ist, bleibt es in der Pfanne zurück. Mit diesen flachen «Speedpans» schaffen Geübte einen Durchgang in zwei bis drei Minuten. Der Kies stammt nicht aus einem Bach, sondern von einem Kieswerk. Die Menge und die Zusammensetzung ist reglementarisch festgesetzt. Das Material wird im Vorfeld mit einer bestimmten Anzahl Goldflitter «geimpft». Wie viele es sind, ist nur dem «Goldimpfer» bekannt. «An der Europameisterschaft in Burgdorf werden sich rund 300 Wettkämpferinnen und Wetkämpfer messen. Da wird sich der Adrenalinpegel der Teilnehmer merklich erhöhen. Sie arbeiten gegen die Zeit und Konkuzrenz und wissen nicht, ob sie bereits alles Gold gefunden haben», sagt Yolanda Fischer, Sekretärin des OK EM Gold 2016.
Mit hohem Tempo arbeiten sich die Goldwäscher durch ihren Kessel mit Kies, ein Goldflitter nach dem anderen wird gefunden und in ein Glasröhrchen abgefüllt. «Für jeden Flitter, der nicht gefunden wird, gibt es eine Strafzeit, die zur Wettkampfzeit addiert wird», erklärt Yolanda Fischer die Regeln.

Goldwaschen lohnt sich nicht
Es sei immer wieder interessant zu sehen, wie der Mensch auf Gold reagiere, sagt Christoph Kipfer. «Steht jemand zum ersten Mal mit einer Waschpfanne im Bach und findet sein erstes Gold, dann ist förmlich spürbar, wie sich ein kleiner Goldrausch entwickelt», erzählt er aus Erfahrung. Kaum jemand könne der Magie dieses Edelmetalls widerstehen und sofort werde eifrig weiter gesucht — in der Hoffnung, zum grossen Reichtum zu gelangen. Ein berufliches Waschen lohne sich aber nicht. «Um ein Gramm (zirka 1200 Flitter) aus dem Krümpel oder der Ilfis zu erhalten, dürfte der Arbeitsaufwand bei zwei bis drei Tagen liegen», schätzt Christoph Kipfer. Das Gold aus dem Emmental gelte mit rund 23,2 Karat (um 93 Prozent Goldanteile) als eines der reinsten der Welt und erziele mit 80 bis 90 Franken etwa den dreifachen Goldpreis, der aber nur von interessierten Musen bezahlt würde.

Falsche Vorstellungen und Mythen

Um das Gold ranken sich unzählige Mythen und falsche Vorstellungen; der Wert wird komplett falsch eingeschätzt», erzählt Christoph Kipfer. Er selber zieht das Goldwaschen in einem Bach dem Wettkampf vor. Das Metall übe auch auf ihn einen Bann aus, aber nicht aus materiellen Gründen. «Ich bin fasziniert, was die Natur für Schätze in sich birgt. Mittlerweile interessiere ich mich fast mehr für die Mineralien, die ich beim Goldwaschen finde.»
Der erste Durchgang ist geschafft, die Goldwäscher befreien sich aus ihren Gummistiefeln. Beim Zusammensitzen um das Feuer wird das Training analysiert. Die Mitglieder tauschen Informationen aus und fachsimpeln über Gold. «Je später der Abend, um so grösser wird jeweils der gefundene Flitter», weiss Christoph Kipfer aus Erfahrung und schmunzelt. 

Informationen zum EM im Goldwaschen:
www.emgold2016.ch
«Die Natur ist unser wahres Gold»
Die Schweizerische Goldwäschervereinigung (SGV) ist vor 27 Jahren gegründet worden. Sie gibt Auskunft, wo man in der Schweiz Gold findet, weiter organisiert die Vereinigung jeweils die Goldwaschmeisterschaften. «Wir sind überzeugt, dass die Natur unser wahres Gold ist. Darum haben wir einen Ehrenkodex erlassen», sagt Präsident Christoph Kipfer. Die Goldwäscher sollen mit grösster Sorgfalt vorgehen und keine Schäden an der Landschaft verursachen. Auch ein Abbau mit Maschinen wolle man nicht. «Im Kanton Bern gilt unser Hobby als Kulturgut und man darf in den Bächen waschen. Im Tessin hingegen muss man eine
Lizenz lösen. Jeder Kanton hat seine eigenen Bergbaugesetze.» 
26.05.2016 :: Veruschka Jonutis (vjo)