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Intelligente und auffällige Blume

Intelligente und auffällige Blume
Langnau: Sonnenenergie zu nutzen ist sinnvoll und derzeit im Trend. Doch ein Bauer musste feststellen, dass nicht für jede Photovoltaikanlage eine Baubewilligung erhältlich ist.

Die «Smartflower» – intelligente Blume – macht es den Sonnenblumen gleich, welche derzeit ihre Köpfe der Sonne entgegenstrecken. «Smartflower» heisst ein freistehendes Solarkraftwerk mit einem Durchmesser von 4,80 Metern. Morgens mit den ersten Sonnenstrahlen fährt es seinen Fächer aus, so dass die Solarpanels beleuchtet werden. Die «Blume» dreht und neigt sich tagsüber, damit sie stets optimal ausgerichtet ist, um eine möglichst grosse Leistung erbringen zu können. 

Weniger gross

Markus und Anita Hofer vom Hof Hühnerbachbühl bei Langnau waren von der Anlage auf Anhieb fasziniert. Sie wollen einen Teil der elektrischen Energie, die sie benötigen, selber herstellen, möchten aber lieber nicht eine Anlage auf dem Dach. «Das Dach ist an sich gut im Schuss», meint Markus Hofer. «Eine Photovoltaikanlage wäre aber sicher über 20 Jahre dort und stünde dann im Weg, wenn die nächste Generation das Dach baulich verändern möchte.» Imponiert hat der Bauernfamilie vor allem, dass die «Smartflower» gleich viel Energie produziert wie eine zweimal so grosse Photovoltaikanlage auf dem Dach. Dies, weil sich die «Smartflower» stets nach der Sonne ausrichtet.

Hinzu kam, dass das freistehende Sonnenkraftwerk in etwa gleich viel gekostet hätte wie eine Aufdach-Anlage. Hätte. Denn gebaut wurde sie nicht. Im Zuge der Planung tauchte die Frage auf, ob eine Baubewilligung eingeholt werden muss. «Die Aufdach-Anlage hätten wir ohne Baugesuch erstellen können», erklärt der Landwirt. Die «Smartflower» sollte dort aufgebaut werden, wo sich heute das Hühnerhaus befindet. Für eine freistehende Anlage dieser Grösse ist aber ein Baugesuch nötig. Die Bewilligung hat die Bauherrschaft nicht erhalten. 

Im Baugebiet bewilligungsfähig

Die Baukommission der Gemeinde Langnau habe grundsätzlich entschieden, dass Anlagen wie die «Smartflower» bewilligungsfähig sind, erklärt Ronald Aeschlimann von der Bauverwaltung. Eine erste Anlage hat die Firma Elentec aus Langnau, einer von schweizweit sechs Vertriebspartnern des in österreich hergestellten Produkts im Schärischachen in Bärau montieren können. Aeschlimann hält fest, dass eine solche Anlage wie andere unbewohnte Nebenbauten, etwa Geräteschuppen oder Garagen, auch in der Wohnzone möglich wäre. Baugesuche seien aber bislang noch keine eingegangen.

Dass die Nachfrage nach solchen Anlagen noch nicht riesig ist, bestätigt David Thommen von der Firma Elentec. «Wir Schweizer sind recht zurückhaltend, wenn es um Neues geht», meint er. Während bei klassischen Ein- und Mehrfamilienhäusern oft wenig Platz vorhanden sei, würden sich Bauten und Areale in Gewerbe- und Industriezonen sehr gut für die «Smartflower» eignen, so David Thommen.

Passt zu wenig ins Landschaftsbild

Ausserhalb der Bauzonen ist das kantonale Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) für die Bewilligung freistehender Photovoltaik-anlagen zuständig. Jene auf dem Landwirtschaftsbetrieb Hühnerbachbühl wurde nicht gewährt, weil sich die Anlage zu wenig in das Orts- und Landschaftsbild einfüge. Zudem lasse sich eine solche Anlage auch nicht «für das zeitgemässe Wohnen» begründen, hält Bruno Mohr, Vorsteher der Abteilung Bauen im AGR auf Anfrage fest. «Genügend angepasst» seien Solaranlagen, wenn sie den Voraussetzungen von Artikel 32a der Raumplanungsverordnung 2 entsprächen: Dies ist der Fall, wenn Photovoltaikanlagen die Dachfläche im rechten Winkel höchstens 20 Zentimeter überragen, von vorne und von oben gesehen nicht über die Dachfläche hinausragen, reflexionsarm ausgeführt werden und als kompakte Fläche zusammenhängen.

Ausserhalb der Bauzonen bewilligt das AGR demnach kaum freistehende Anlagen: «Es gibt alternative Möglichkeiten anstelle einer ‹Smartflower›, beispielsweise auf den Dächern», erklärt Bruno Mohr. Er hält auch fest, dass energietechnische Faktoren den Entscheid des AGR sehr wohl beeinflussen würden, aber hier würden die raumplanerischen Argumente überwiegen.

Hochsilos wurden bewilligt

Markus und Anita Hofer haben für derlei Begründungen kein Verständnis. «Wir wollten etwas für die Umwelt tun und werden gebremst», meint Anita Hofer, und ihr Mann fügt an: «Bis zum Bundesrat hinauf wird erklärt, man wolle alternative Energie fördern, und dann erhält man so einen Bescheid – das ist doch ein ‹Gstürm›. Wenn die Schweiz den Atomausstieg schaffen will, müssen neuartige Ideen auch bewilligt werden.»

Neuartig waren seinerzeit auch Hochsilos zur Lagerung von Futter bei Landwirtschaftsbetrieben. Zwei solche Silos stehen auch hinter dem Bauernhaus auf dem Hühnerbachbühl. «Für die Silos habe ich damals eine Baubewilligung erhalten», berichtet der Landwirt. «Diese sind auch nicht gerade schön anzusehen – aber nach wie vor praktisch.»

Hoffen auf das Amt für Energie 

«Wir machen jetzt mal nichts», erklären Markus und Anita Hofer auf die Frage, wie es nun weitergehe.

Noch nicht aufgegeben hat David Thommen. «Wir haben nach Erhalt des abschlägigen Bauentscheids gefordert, dass nebst dem AGR auch das Amt für Umwelt und Energie einen Fachbericht abfassen soll», erklärt Thommen. «Von dem Amt haben wir bis heute keine Zeile gelesen.» David Thomen hat nun einen Anwalt engagiert, der diesen Fachbericht noch erwirken soll. «Vielleicht kann dann eine wirkungsvolle Anlage dieser Grösse mit einer Ausnahmebewilligung doch noch aufgestellt werden», hofft Thommen. Das Raumplanungsgesetz hinke der technischen Entwicklung hinterher.


27.07.2017 :: Bruno Zürcher (zue)